Corinna Kremer
Gütersloh-Isselhorst – Ein Musical, das die spirituelle Tiefe der biblischen Schöpfungserzählung mit den Sichtweisen anderer Religionen, naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und einer lebendigen Bühnensprache verbindet? Mit „Die Schöpfung“ ist dem Komponisten, Musiker und Pädagogen Karl Peter Chilla genau das gelungen. Die Aufführung durch die Jugendkantorei Isselhorst sorgte für Begeisterung – und regte zugleich zum Nachdenken an.
Im Mittelpunkt der mitreißenden Inszenierung stehen zwei ungewöhnliche Protagonisten: die Wassertropfen Drip und Drop. Als erste „Geschöpfe“ führen sie durch die sieben Schöpfungstage, begegnen Pflanzen, Tieren, Himmelskörpern und schließlich dem Menschen. Sie erklären, hinterfragen, erzählen – und machen deutlich: Die Schöpfung ist nicht nur ein biblisches Narrativ, sondern ein facettenreicher Prozess, der aus vielen Perspektiven betrachtet werden kann.
Chillas Musical überzeugt dabei nicht nur durch seine abwechslungsreiche Musik – von klassisch bis poppig, von meditativ bis dynamisch –, sondern auch durch seine Offenheit. Die Geschichte wird nicht dogmatisch vermittelt, sondern als Einladung, über den Ursprung des Lebens nachzudenken – unabhängig von religiöser Zugehörigkeit. So bietet das Stück auch einen Zugang für all jene, die sich kritisch oder wissenschaftlich mit dem Schöpfungsmythos auseinandersetzen möchten.
Zur Premiere in Isselhorst zeigten die jungen Mitwirkenden der Jugendkantorei unter Leitung von Birke Schreiber (Klavier) und mit instrumentaler Begleitung von Silke Bartz (Querflöte) eindrucksvoll ihr Können. Besonders überzeugten die Darstellerinnen von Drip und Drop, Ina und Hannah, sowie die „Engel“ Lia, Leana und Alea als Michael, Gabriel und Uriel. Auch Pflanzen, Himmelsgestirne, Tiere und Menschen wurden mit viel Spielfreude durch Sarah, Anneke, Oona, Lara, Finja, Laila und Aurelia zum Leben erweckt.
Ein Stoff von ewiger Gültigkeit – neu erzählt
Die Schöpfungsgeschichte aus 1. Mose ist eine der ältesten Erzählungen der Menschheit – doch in dieser Fassung bekommt sie eine neue, vielstimmige Deutung. Kinder und Jugendliche lernen, sich kritisch und kreativ mit dem Text auseinanderzusetzen – und erkennen, dass Glaube und Zweifel, Spiritualität und Wissenschaft kein Widerspruch sein müssen.
Das Publikum zeigte sich tief beeindruckt – nicht nur von der musikalischen Qualität, sondern auch von der inhaltlichen Tiefe. Die Lesungen von Michael Kremer, die aus dem biblischen Bericht zitiert wurden, gaben der Inszenierung eine zusätzliche Dimension und Gliederung. Am Ende gab es begeisterten Applaus – und eine Zugabe mit dem gefühlvollen Glaubenslied „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt“, die wohl einige zu Tränen rührte.
Ein gelungener Nachmittag, der nachwirkt. Ein Musical, das Brücken baut – zwischen Religionen, Weltbildern und Generationen.
„So beautiful, so wunderschön!“
Musical „Die Schöpfung“ begeistert in der Evangelischen Kirche Isselhorst mit klarer Botschaft
Birgit Compin, „Neue Westfälische“ vom 18./19. Juni 2025
Gütersloh. Es ist Sonntag, 15. Juni, 15 Uhr. Die Jugendkantorei der Evangelischen Kirche in Isselhorst hat zur Aufführung des Musicals „Die Schöpfung“ von Karl-Peter Chilla eingeladen. Ein Werk, das auf ebenso unterhaltsame wie kluge Weise biblische Texte mit wissenschaftlichen Erkenntnissen verknüpft. Die Neugier der gut besetzten Kirche ist groß. Und sie wird nicht enttäuscht.
Schon in den ersten Minuten zeigt sich: Diese „Schöpfung“ beginnt nicht im Dämmerlicht eines Paradiesgartens. „Am Anfang war Nichts! Nichts! Nichts!“, singt der Chor, während erste Toncluster auf dem Klavier eine Ahnung davon geben, wie Chaos und Ordnung sich die Hand reichen. Birke Schreiber am Klavier steuert das Ensemble souverän durch den musikalischen Kosmos, während Silke Bartz mit ihrer Querflöte feinfühlige Klangfarben beisteuert – mal schwebend, mal fordernd, mal verspielt.
Mit feiner stimmlicher Präzision und selbst gefertigten Kostümen gestalten die zwölf Sängerinnen im Alter von elf bis 16 Jahren Szenen aus dem Schöpfungsprozess: vom ersten Licht über die Entstehung der Meere, Pflanzen und Tiere bis hin zur Erschaffung des Menschen. Sie berichten von diesen ersten sechs Tagen, die mit Sicherheit viel länger andauerten als sechsmal 24 Stunden, wie die Erzengel Michael und Gabriel der kleinen Uriel erklären. Die Aufführung wechselt von spielerisch vorgetragenen Szenen über erstaunlich frische Musikstücke zu eingestreuten biblischen Lesungen, die Michael Kremer oben auf der Kanzel hält. Dabei wirkt nichts verstaubt oder schulmeisterlich. Vielmehr gelingt es dem Stück mit Leichtigkeit, biblische Mythen in einen Dialog mit der modernen Welt zu bringen. „Was war zuerst – die Henne oder das Ei?“, fragt eine der Solistinnen, woraufhin eine andere entgegnet: „Das Licht, natürlich!“
Karl-Peter Chilla hat mit seinem Musical ein Werk geschaffen, das gleichermaßen zum Staunen, Lachen und Nachdenken anregt. Die Texte sind pointiert, die Musik eingängig, stilistisch abwechslungsreich und überraschend vielschichtig – von rockigen Rhythmen bis hin zu kontemplativen Chorpassagen. Der Klangkörper aus jungen Stimmen trägt diese Vielfalt mit beachtlicher Reife. Besonders hervorzuheben ist die Leistung der Chorleitung durch Birke Schreiber: Ihre Handschrift ist in jeder Phrase spürbar, sei es im dynamischen Feingefühl, in den präzise gesetzten Einsätzen oder in der Fähigkeit, auch das leise Staunen musikalisch auszudrücken.
Ein Höhepunkt ist die Szene zur Erschaffung der Tiere: Plötzlich wimmelt es im Kirchenschiff von tierischen Lautmalereien, rhythmisch dargebotenen Gesangseinlagen und bunten Tiermasken. Die Kirche wird zur Arche Noah im besten Sinne – ein musikalisches Spektakel, das zugleich eine liebevolle Hommage an die Vielfalt der Schöpfung ist. Im Kontrast dazu beginnt die Schöpfung des Menschen beinahe still und nachdenklich: „Lasst uns noch Menschen machen, dann erst ist mein Paradies perfekt.“ Die Musik wird zurückgenommen, beinahe fragil, und der Chor schwebt zwischen Staunen und Verantwortung. Es ist ein stiller Moment in dem sonst so lebendigen Stück – und dieser Moment klingt nach.
Dass dieses Musical von Jugendlichen aufgeführt wird, verleiht ihm eine zusätzliche Tiefe. Hier erzählen junge Menschen von Anfängen, von Wundern, vom großen Werden und machen dabei deutlich, wie viele Fragen, Freude und Hoffnung in jeder Generation stecken. Doch zwischen den Zeilen erzählen sie vor allem auch von dieser Fragilität. Von Verwundbarkeit. „So beautiful, wunderschön ist unsre Welt.“ Das Publikum dankt es mit lang anhaltendem Applaus, Standing Ovations und sichtlich bewegten Gesichtern.
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„Neue Westfälische“ vom 18./19. Juni 2025.
Bilder von der Aufführung




